Sektion Modellbildung und Simulation – Anatol-Rapoport-Preis
Familienfoto, wahrscheinlich entstanden an der University of Toronto
Der Anatol-Rapoport-Preis wird alle zwei Jahre von der Sektion "Modellbildung und Simulation" verliehen (erstmals 2008). Das Preisgeld beträgt 500 Euro.
Ausgezeichnet wird eine neuere soziologische Arbeit im Bereich "Modellbildung und Simulation" eines deutschsprachigen Wissenschaftlers/einer deutschsprachigen Wissenschaftlerin, eingereicht durch Vorschlag oder Selbstbewerbung.
Bewertungskriterien sind:
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Originalität der Fragestellung, Theorie, Hypothese
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Innovative Modelle oder innovative Anwendung eines Modells
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Empirisch-statistisches Niveau, Qualität der Datenerhebung und Daten
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Qualität der Ausführung
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Praktische Bedeutsamkeit
Es kann sich um eine theoretische und/oder empirische Arbeit handeln, wobei nicht alle der aufgeführten Kriterien gleichzeitig erfüllt sein müssen.
Nachruf auf Anatol Rapoport (22.5.1911 – 20.1.2007) (PDF, 256 KB)
"Tit for Tat and Beyond: The Legendary Work of Anatol Rapoport" von Shirli Kopelman (NCMR, 2019)
Anatol-Rapoport-Preis 2022
Die Sektion "Modellbildung und Simulation" der Deutschen Gesellschaft für Soziologie verleiht den Anatol-Rapoport-Preis 2022 an:
David Kretschmer und Lars Leszczensky
für ihre Arbeit zum Thema
In-Group Bias or Out-Group Reluctance?
The Interplay of Gender and Religion in
Creating Religious Friendship Segregation among Muslim Youth
(erschienen in Social Forces, 100(3), 1307-1332.)
Der Aufsatz verfolgt eine klare und sozial relevante Forschungsfrage, die theoretisch fundiert und methodisch überzeugend bearbeitet wird. Von vornherein ist der Fokus auf zwei unterschiedliche Mechanismen (in-group bias versus out-group reluctance), die zur Segregation bei Jugendlichen beitragen können, klar gesetzt und wird durch den ganzen Beitrag hindurch konsequent aufrecht erhalten. Neben der Auswertung von egozentrierten Netzwerken wird dabei auch anhand von Simulationen klar herausgearbeitet, welche Bedeutung die untersuchten Mechanismen für das Ausmaß an Segregation zwischen muslimischen und nicht-muslimischen Jugendlichen haben. Der Beitrag zeichnet sich vor allem aufgrund der methodisch überaus sorgfältigen Bearbeitung einer gesellschaftlich relevanten Forschungsfrage aus.
Jury: Monika Jungbauer-Gans, Thomas Voss und Sven Banisch
Anatol-Rapoport-Preis 2020
Die Sektion "Modellbildung und Simulation" der Deutschen Gesellschaft für Soziologie verleiht den Anatol-Rapoport-Preis 2020 an:
Sven Banisch und Eckehard Olbrich
für ihre Arbeit zum Thema
Opinion polarization by learning from social feedback
(erschienen in The Journal of Mathematical Sociology, 43(2), 76-103.)
Das Papier führt ein Modell basierend auf ”reinforcement learning“ zur Erklärung von Meinungspolarisierung in Netzwerken ein. Die Autoren bieten einen guten Überblick und eine solide Einbettung in die bestehende Literatur und testen die Modellimplikationen gründlich. Es handelt sich um ein innovatives Papier mit eigenständiger Modellierung, die am ehesten sowohl dem Geist des Preises als auch dem Grundanliegen der Sektion Modellbildung und Simulation entspricht. Die vom Papier aufgegriffene Thematik hat eine hohe Aktualität und ist zudem praktisch sehr bedeutsam.
Jury: Wojtek Przepiorka, Merlin Schaeffer, Tobias Wolbring, Peter Preisendörfer und Fabian Winter
Anatol-Rapoport-Preis 2016
Die Sektion "Modellbildung und Simulation" der Deutschen Gesellschaft für Soziologie verleiht den Anatol-Rapoport-Preis 2016 an:
Merlin Schaeffer, Jutta Höhne und Céline Teney
für ihre Arbeit zum Thema
Income Advantages of Poorly Qualified Immigrant Minorities: Why School Dropouts of Turkish Origin Earn More in Germany
(erschienen in European Sociological Review 32/1: 93–107)
Wojtek Przepiorka und Jöel Berger
für ihre Arbeit zum Thema
The Sanctioning Dilemma: A Quasi-Experiment on Social Norm Enforcement in the Train
(erschienen in European Sociological Review 32/3: 439-451)
Anatol-Rapoport-Preis 2014
Die Sektion "Modellbildung und Simulation" der Deutschen Gesellschaft für Soziologie verleiht den Anatol-Rapoport-Preis 2014 an:
Kurt A. Ackermann, Jürgen Fleiß und Ryan O. Murphy
für ihre Arbeit zum Thema
Reciprocity as an individual difference
(erscheint in Journal of Conflict Resolution)
Norman Braun und Thomas Gautschi
für ihre Arbeit zum Thema
"Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust": Ein Rational-Choice-Modell innerer Konflikte
(erschienen in Zeitschrift für Soziologie 43: 5–30)
Marc Keuschnigg und Tobias Wolbring
für ihre Arbeit zum Thema
Disorder, Social Capital, and Norm Violation. Three Field Experiments on the Broken Windows Thesis
(erscheint in Rationality and Society)
Jury: Andreas Diekmann, Thomas Hinz, Ben Jann, Clemens Kroneberg, Michael Maes, Wojtek Przepiorka, Nicole J. Saam, Wolfgang Sodeur, Volker Stocké
Ausschreibung 2014: siehe Rundbrief 02-2014 (PDF, 244 KB)
Anatol-Rapoport-Preis 2012
Die Sektion "Modellbildung und Simulation" der Deutschen Gesellschaft für Soziologie verleiht den Anatol-Rapoport-Preis 2012 an:
Clemens Kroneberg und Andreas Wimmer
für ihre Arbeit zum Thema
Struggling over the boundaries of belonging. A formal model of nation building, ethnic closure, and populism
Michael Mäs, Andreas Flache, Károly Takács und Karen A. Jehn
für ihre Arbeit zum Thema
In the short term we divide, in the long term we unite: Demographic crisscrossing and the effects of faultlines on subgroup polarization
Clemens Kroneberg und Andreas Wimmer legen eine Arbeit vor, in der sie auf Grundlage von Colemans Austauschtheorie und mit Hilfe spieltheoretischer Bestimmung der strategischen Handlungsoptionen der Akteure die Entstehung von Nationalstaaten, Populismus und ethnischer Schliessung modellieren. Besonders beeindruckend an der Arbeit ist, wie die Autoren mit Hilfe akribisch recherchierter historischer Informationen zum osmanischen Reich und Frankreich in der Zeit vom 16.-19. Jh. den Bezug zwischen Modell und Empirie herstellen. Insgesamt ist die Arbeit von Kroneberg und Wimmer ein eindrückliches Beispiel dafür, wie sehr die historischen Sozialwissenschaften von einer formalen Modellierung ihrer Theorien profitieren können. Die Arbeit wurde im American Journal of Sociology(2012, 118/1:176-230) publiziert.
Michael Mäs, Andreas Flache, Károly Takács und Karen A. Jehn beschäftigen sich in ihrer Arbeit mit der formalen Modellierung der Theorie von Lau und Murnighan über die Folgen demographischer Trennlinien in Arbeitsgruppen, nach der bei Vorliegen solcher Trennlinien vollständige Polarisierung prognostiziert wird. Mäs et al. erweitern das Modell durch explizite Einbeziehung möglicher Akteure mit Brückenfunktionen und zeigen mit Hilfe von Simulationsmethoden nicht nur, wie Akteure mit Brückenfunktionen langfristig die zunächst auftretende Polarisierten zu überwinden helfen, sondern vermitteln auch Einsichten in die Effizienz des Einigungsprozesses in Abhängigkeit der Heterogenität der Gruppen. Die Arbeit besticht durch die formale Eleganz und z
eigt einmal mehr den grossen Nutzen formaler Modellierung und Simulation zur Beantwortung sozialwissenschaftlicher Fragestellungen. Die Arbeit wird in der Zeitschrift Organization Science erscheinen.
Jury: Andreas Diekmann, Thomas Hinz, Monika Jungbauer-Gans, Ben Jann, Wojtek Przepiorka, Nicole J. Saam, Wolfgang Sodeur und Volker Stocké
Ausschreibung 2012: siehe Rundbrief 12-2011 (PDF, 77 KB)
Anatol-Rapoport-Preis 2010
Die Sektion "Modellbildung und Simulation" der Deutschen Gesellschaft für Soziologie verleiht den Anatol-Rapoport-Preis 2010 an:
Andreas Tutic und Ulf Liebe
für ihre Arbeit zum Thema
A Theory of Status-Mediated Inequity Aversion
Fabian Winter, Heiko Rauhut und Dirk Helbing
für ihre Arbeit zum Thema
How Norms Can Generate Conflict: An Experiment on the Failure of Cooperative Micro-Motives on the Macro-Level
Andreas Tutic und Ulf Liebe entwickeln, anknüpfend an das aus der „behavioral game theory“ bekannte Modell von Fehr/Schmid zur „Ungleichheitsaversion“, eine neue Modellvariante. Kern des Modells ist eine Nutzenfunktion, die bei den Fairnessmotiven das soziologische Merkmal „Status“ (bzw. „effort“) berücksichtigt. Der Reiz an der Arbeit ist besonders, dass aus den Annahmen mit deduktiven Methoden viel „herausgeholt“ wird. Den Autoren gelingt es, aus dem neuen Modell zahlreiche Hypothesen abzuleiten. Die Arbeit ist elegant und innovativ und wurde im Journal of Mathematical Sociology(33, 2009: 157-195) publiziert.
Fabian Winter, Heiko Rauhut und Dirk Helbing entwickeln eine neue Theorie über Normenkonflikte mit den beiden Merkmalen „Inhalt“ („equity“ versus „equality“) und der Stärke der Norm (der quantitative Wert der Verteilungsnorm). Sie entwickeln sodann ein Modell, aus dem sie Hypothesen ableiten und im Experiment überprüfen. In den meisten Studien wurde der sozialintegrative Charakter von Normen betont, hier steht dagegen der Konfliktaspekt im Vordergrund. Eine formale Theorie der Normkonflikte öffnet den Weg zu einem innovativen Forschungsprogramm empirischer Studien über Normkonflikte. Working Paper (PDF, 678 KB)
Ulf Liebe und Andreas Diekmann (oben)
Heiko Rauhut, Fabian Winter und Andreas Diekmann (unten)
Jury: Andreas Diekmann, Thomas Hinz, Monika Jungbauer-Gans, Ben Jann, Jürgen Klüver, Peter Preisendörfer, Nicole J. Saam und Wolfgang Sodeur
Ausschreibung 2010: siehe Rundbrief 12-2009 (PDF, 99 KB)
Anatol-Rapoport-Preis 2008
Die Sektion "Modellbildung und Simulation" der Deutschen Gesellschaft für Soziologie verleiht den Anatol-Rapoport-Preis 2008 im Unfang von Euro 500.– an:
Norman Braun und Thomas Gautschi
für ihre Arbeit zum Thema
A Nash Bargaining Model for Simple Exchange Networks
Die Arbeit erschien 2006 in Social Networks (Jg. 28, S. 1–23). Es handelt sich um eine Theorie (Netzwerk-Austausch-Theorie), die mathematisch formalisiert wurde, die Netzwerkanalyse und Spieltheorie verbindet und an experimentellen Daten im Vergleich mit anderen Theorien geprüft wurde, also ein Dreiklang von Theorie, Modell, Empirie. Die Verknüpfung des Nash-Verhandlungsmodells mit der Netzwerkanalyse in einem eleganten Rational-Choice-Modell ist allein eine preiswürdige Leistung. In den zwei Arbeitspapieren "Who exchanges with whom?" und "Who gets how much in which relation?" wird der Anwendungsbereich der Theorie zudem erweitert auf die Erklärung von Netzwerkbrüchen, variable Auszahlungen und komplementäre Beziehungen. Ausserdem werden grundlegende Begriffe präzise definiert ("rivalisierende" und "nicht-rivalisierende Beziehungen", "robuste" versus "nichtrobuste Netzwerke" plus ein Theorem, das die Differenzierung erleichtert). Die drei Manuskripte spannen ein Forschungsprogramm auf, das lohnenswert ist und für die Zukunft neue Forschungsfragen aufwirft. Ausserdem hat das Forschungsprogramm durch die Verbindung von Spieltheorie mit der Netzwerkstruktur einen deutlich soziologischen Akzent.
Jury: Andreas Diekmann, Thomas Hinz, Monika Jungbauer-Gans, Ben Jann, Jürgen Klüver, Nicole J. Saam, und Wolfgang Sodeur
Ausschreibung 2008: siehe Rundbrief 12-2007 (PDF, 112 KB)